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Akademisches Karussell

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MIRO

Kurzbeschreibung

Bei der folgenden Übung handelt es sich um ein Brettspiel, das darauf abzielt, Herausforderungen und Schwierigkeiten des alltäglichen Lebens – auch im akademischen Bereich – im Zusammenhang mit neoliberaler Compliance, Eurozentrismus und Migra*BPoC-Widerstand sichtbar zu machen und Strategien der gegenseitigen Zusammenarbeit und Unterstützung zu fördern. Die Methodik der Aktivität ist inspiriert von Paulo Freires Ideen zu Übungen der Kodifizierung und Dekodierung, die eine dreistufige Aktivität beinhaltet. Zunächst wird in einem quasi-ethnografischen Ansatz ein gemeinsames Problem der Teilnehmer:innen identifiziert, d. h. durch aufmerksames Zuhören in der Gruppe ermitteln die Pädagog:innen/ Forscher:innen Themen, die die Teilnehmer:innen beschäftigen. Anschließend werden diese Themen in einem beobachtbaren Hilfsmittel – in diesem Fall einem Brettspiel – kodifiziert, um das Thema in einer beobachtbaren Weise darzustellen und zu repräsentieren. Schließlich sollten die während des Spiels beobachteten Situationen mit den Teilnehmer:innen unter einer organisierten Moderation (der Entkodifizierung) diskutiert werden, wobei die während des Spiels beobachteten Umstände mit dem Alltag der Teilnehmer:innen in Verbindung gebracht werden.

Aufbau des Spiels

Das Akademische Karussell ist ein Brettspiel, das 5 Spieler:innen auf ihrem Weg zum Abschluss an der Universität begleitet. Die Studierenden kennen sich untereinander, da sie alle im gleichen Semester des gleichen Studiengangs studieren. Ziel ist es, die Herausforderungen des Universitäts-Alltags aufzuzeigen, die sich für Migra*BPoC-Studierende ergeben.

Die Übung dauert etwa 60 bis 90 Minuten und endet, wenn alle Spieler:innen die Mitte des Spiels erreicht haben, was letztlich das Ziel des Spiels ist. Außerdem endet das Spiel, wenn den Spieler:innen die Ereigniskarten oder die Zeit ausgeht.

Die Übung besteht aus 4 Phasen:

  1. Zum Einstieg in das Spiel wird allen Spieler:innen Miro vorgestellt und eine individuelle Charakterkarte zugeteilt. Die Einführung und die Zuteilung der Charakterkarten sollte mindestens einen Tag vor dem eigentlichen Spielbeginn erfolgen (schriftlich oder durch ein persönliches Treffen auf Zoom). Die Teilnehmer:innen sollten genügend Zeit haben, um ihre Rollen vorzubereiten, indem sie die vorher festgelegten Eigenschaften und das Dokument „Fragen zur Rollenfindung“ nutzen, um eine Persönlichkeit zu erfinden, sie mit Inhalt zu füllen und sich einen persönlichen Hintergrund und eine Biografie, eine Geschichte, eine sozioökonomische Situation usw. auszudenken. Die Teilnehmer:innen werden gebeten, auf dem dafür vorgesehenen Platz auf Miro einige Schwächen und Stärken aufzuschreiben, die ihnen später helfen werden, die Ereigniskarten zu meistern. Die Erstellung der Rolle der Charakterkarte kann einzeln oder in Gruppen erfolgen. In diesem Fall kommen alle Teilnehmer:innen mit der gleichen Charakterkarte zusammen und bauen ihre Rolle gemeinsam auf. 
  2. Am eigentlichen Spieltag treffen sich alle Teilnehmer:innen im Plenum auf Zoom, um eine ausführliche Einführung (einschließlich der Richtlinien) in das Spiel durch die Lehrkraft oder den/der Initiator*in des Spiels zu erhalten. Je nach Anzahl der Teilnehmer:innen werden sie in drei bis sechs Gruppen eingeteilt. Für das Spiel sollten mindestens zwei Spieler:innen und ein/e Moderator:in anwesend sein.
    Jede Gruppe spielt das Spiel auf Miro auf einem vorgegebenen, individuellen Spielbrett. Zunächst werden die Spieler:innen gebeten, ihre vorbereiteten Charaktere den anderen Spieler:innen der Gruppe vorzustellen (10 Minuten).
  3. Nun kann das Spiel beginnen. Die Spieler:innen wählen eine Spielfigur (einen Stern) und legen sie neben die Kurzbeschreibung ihrer Figur am Anfang des Weges. Der/die Moderator:in leitet das Spiel und liest die Ereigniskarten vor, achtet auf das Zeitmanagement, sorgt für eine respektvolle Kommunikation und macht sich Notizen zu den jeweiligen Spielzügen.Nachdem der/die Moderator:in die erste der vier Ereigniskarten vorgelesen hat, sollte die Gruppe gemeinsam diskutieren, für wen dieses Ereignis ein Problem darstellen könnte (und warum) und entscheiden, wer von ihnen weitergehen kann (entweder allein oder mit Unterstützung anderer) und wer nicht. Das Spiel endet, wenn das gesamte Team die Mitte erreicht und das Spiel abschließt; wenn sie keine Ereigniskarten mehr haben oder die Zeit abgelaufen ist (nach 50 Minuten).
    Die Teilnehmer:innen werden gebeten, am Ende des Spiels einen Screenshot zu machen, um die Spielergebnisse mit denen der anderen Gruppen zu vergleichen.
    Jedes Ziehen einer Ereigniskarte ist ein partizipativer Moment, bei dem die Spieler:innen gemeinsam darüber diskutieren müssen, ob sie einen Schritt vorwärts gehen können oder nicht, und die Gründe dafür nennen müssen. Jede Ereigniskarte enthält Fragen, die helfen, über die Entscheidungen nachzudenken. Dies ist auch ein Moment, um Lösungen zu finden und sich gegenseitig zu helfen, weiterzugehen; denn das Ziel der Übung ist, dass alle das letzte Feld erreichen. Das Ziehen von Ereigniskarten wird fortgesetzt, bis alle Spieler:innen die Mitte des Spielfelds erreicht haben oder bis sie keine Ereigniskarten mehr haben.
    Eventuell hat am Ende des Spiels niemand die Mitte erreicht, und/oder sie können weitergehen und jemanden in einer Runde zurücklassen, wenn sie keine Möglichkeiten zur gegenseitigen Unterstützung für eine bestimmte Ereigniskarte finden. 
  4. Abschließend reflektieren die Teilnehmer:innen individuell über die eigene Rolle während des Spiels mit Hilfe der „Reflexionsfragen“ (10 Minuten).
    Danach treffen sich alle Gruppen wieder im Plenum auf Zoom, um eine Abschlussdiskussion/ Reflexion über das Spiel zu führen, die von der Lehrkraft oder dem/ der Initiator:in geleitet wird (10 Minuten).
    In dieser Phase können die Teilnehmer:innen ihre Erfahrungen, Gefühle und Gedanken, die sie während des Spiels gemacht haben, austauschen und sie analysieren und reflektieren. Das ermächtigende Konzept des Spiels beruht auf dem Verständnis der Realität als sozio-historisch konstruiert und als solches veränderbar. Da jeder Mensch ein Teil der Gesellschaft ist, können sich die Menschen selbst in unterdrückerischen bürokratischen Systemen dagegen auflehnen und Veränderungen bewirken. Eine Quelle der Macht ist daher die Einsicht, dass das Leben veränderbar ist. Das bedeutet, zu erkennen, dass eine diskriminierte Person, die sich in der Regel gegenüber eurozentrischen Normen und neoliberalen Herausforderungen klein fühlt, in der Lage sein kann, diesen Widrigkeiten zu widerstehen und Brücken zu bauen, da die Barrieren nicht so organisch und unvermeidlich sind, wie sie zu sein scheinen.

Zielsetzungen

Insgesamt trägt die Übung zu den folgenden Überlegungen bei:

Die Übung zielt darauf ab, ein Bewusstsein für strukturelle und institutionelle Diskriminierung, ungleiche Verteilung von Chancen in der Gesellschaft und Möglichkeiten der Partizipation zu schaffen. Die Teilnehmer:innen sollen Umstände identifizieren und reflektieren, unter denen Migra*BPoC-Studierende Normen akzeptieren oder befolgen, die ihre volle akademische Lebenserfahrung behindern, um entweder weitere Probleme zu vermeiden oder sich auf Schwierigkeiten zu konzentrieren, die als dringender wahrgenommen werden.

Sie deckt persönliche alltägliche und/oder institutionell organisierte Handlungen auf, bei denen Migra*BPoC-Studierende Energie sammeln, um ihre Herausforderungen zu bewältigen und Widerstand zu leisten.

Ein weiteres Ziel ist die Sensibilisierung und Reflexion der (eigenen) vorherrschenden Stereotypen über verschiedene Gruppen sowie der eigenen intersektionalen Privilegien und der Gründe, die damit verbunden sind (z.B. Gruppenzugehörigkeit und die Wahrnehmung, zu einer bestimmten Gruppe zu gehören) und welche Konsequenzen dies für den Alltag und das Studium hat.

Benötigte Materialien

Pflichtliteratur

Erwartete Ergebnisse

  • Schaffung eines Bewusstseins für strukturelle und institutionelle Diskriminierung, ungleiche Verteilung von Chancen in der Gesellschaft und Möglichkeiten der Partizipation.
  • Hervorheben und Diskutieren von Mustern und Normen, die als natürlich und logisch wahrgenommen werden, aber sozio-historische Konstrukte sind, die auf weißem Privileg und westeuropäischem Kolonialismus basieren. 
  • Identifizierung und Reflexion der Umstände, unter denen Migra*BPoC-Studierende Normen akzeptieren oder einhalten, die ihre volle akademische Lebenserfahrung behindern, um entweder weitere Probleme zu vermeiden oder sich auf als dringlicher empfundene Schwierigkeiten zu konzentrieren.
  • Aufzeigen von persönlichen, alltäglichen und/oder institutionell organisierten Handlungen, bei denen Migra*BPoC-Studierende Energie sammeln, um ihre Herausforderungen zu bewältigen und Widerstand zu leisten.
  • Die Sensibilisierung und Reflexion der vorherrschenden und eigenen Stereotypen über verschiedene Gruppen sowie der eigenen intersektionalen Privilegien und der Gründe, die damit verbunden sind (z.B. Gruppenzugehörigkeit und die Wahrnehmung, einer bestimmten Gruppe anzugehören) und welche Konsequenzen dies für den Alltag und das Studium hat, ist ein weiteres Ziel.
  • Der Versuch, Impulse für die Diskussion über Chancenverteilung und (strukturelle) Diskriminierung, für gegenseitige Unterstützung und Kooperation zu geben, um zwischenmenschliche Unterstützungsnetzwerke und Allianzen zu verstehen, zu schaffen und zu stärken.
  • Den Kontakt zwischen Menschen mit ähnlichen Problemen zu fördern, um das Bewusstsein zu schaffen, dass die Barrieren keine individuelle Unfähigkeit sind.

Abgeleitete Materialien aus der Aktivität

Wenn die Teilnehmer:innen zustimmen, könnten auch eine Mitschrift und eine kurze Analyse der Diskussion hochgeladen werden, aus der hervorgeht, welche Themen in der Diskussion aufkamen, welche unterschiedlichen Meinungen vertreten wurden, aber auch, was nicht diskutiert oder nur gestreift wurde.

Kurator:innen + Mitarbeiter:innen während des Testkurses

Sebastian Garbe, Emilia Carnetto, María Cardenas